Mit viel Herz, Leidenschaft & FamilientRADITION seit 1897
Die Fleischerei Wohlfahrt von Kurt Wohlfahrt befindet sich seit über 121 Jahren im Familienbesitz. Wenn man bedenkt, dass dazwischen zwei verheerende Weltkriege und ein getrenntes Deutschland lagen, ist die Fleischerei ein kleiner aber wichtiger Bestandteil der früheren Seehäuser Geschichte, selbst wenn Sie Ihren Ursprung in Goldbeck hat. Doch wie die Zeit, wandelt sich auch der Betrieb von Kurt, passt sich der Moderne an und wird abermals mit Medaillen & Pokalen überschüttet.
Traditionelle Fleischereien wie sie Kurt Wohlfahrt in Seehausen (Altmark) betreibt, gibt es in den größeren Städten immer seltener. Durch Großketten wie REWE, Edeka und Co. werden kleinere Betriebe immer mehr vertrieben oder es wird Ihnen das Leben schwer gemacht. Es ist in Mode gekommen direkt im Supermarkt an der Theke seinen Bedarf zu decken. Es gibt keinen sichtbaren Unterschied zwischen dem Steak aus dem REWE oder bei einem Metzger bzw. Fleischer, der einen Laden betreibt. Es ist auf dem ersten Blick günstig, doch ist es ungewiss, wo das Fleisch herkommt und wie die Lebensbedingungen für die Tiere waren.
Um dennoch am Markt bestehen zu können, gilt es ein Alleinstellungsmerkmal zu erschaffen. Hierzu gehört die Fleischerei von Kurt Wohlfahrt, der sich in letzten Jahren mit seinen Angeboten internationale Preise, Medaillen, Urkunden & Pokale gesichert hat. Seine mehrfachen Auszeichnungen stehen für die Qualität und den Einfallsreichtum. Oft sind die Ideen untypisch für ländliche Fleischereien. Wer hat schon eine Tussibratwurst im Sortiment, die dank rote Beete eine pinke Farbe bekommt? Nischenprodukte werden angeboten, die neugierig machen. Denn ein Steak bekommt man bekanntlich überall.
Traditionelles kommt natürlich nicht zu kurz. Klar probiert der Altmärker gerne neue Sachen aus, aber für gewöhnlich bleibt er sich selber treu: "Wadda nich kännt dad fritta nich". Da spricht es für sich selbst, dass es viele eingeweckte Gläser im Sortiment hat, die immer wieder gerne gegessen werden. Angefangen vom Sauerkraut, Grün- und Schichtkohl, bis hin zu Chili con Carne, Königsberger Klopse, Rahmgeschnetzeltes und Eisbein.
das Interview mit Kurt Wohlfahrt
Die Fleischerei Wohlfahrt ist ein Unternehmen mit Tradition. Wie haben sich die Zeiten für Dich in Bezug auf das Kundenverhalten geändert? Hat sich überhaupt was geändert? Wird Beständigkeit oder Individualität der Produkte gefordert?
Kurt Wohlfahrt: Das Kundenverhalten hat sich drastisch geändert. Die Kunden sind die letzten Jahre weitaus bewusster geworden. Sie fragen vielmehr nach was z.B. Inhaltsstoffe und Herkunft des Fleisches betrifft. Die letzten Jahre hat sich auch das Grillgeschäft (BBQ) verändert. Wir bieten das Dry-Aged an und lassen es hier vor Ort reifen. Für mich hat es sich herauskristallisiert, dass das beste Fleisch von älteren Kühen kommt, weil sie mehr Charakter haben als die jungen Damen. Im Supermarkt werden die jungen Bullen angeboten. Das ist sicherlich kein schlechtes Fleisch, aber das ist Fleisch, welches im Sinne der Gewinnmaximierung produziert wird. Die Tiere müssen am Tag ein bestimmtes Gewicht zunehmen (Tagesgewichtszunahme) und das ist das Entscheidende, qualitativ nicht vergleichbar mit dem Fleisch von Versenochsen oder Kühen aus Muttertierhaltung.
Wie behauptest du dich unter der riesigen Konkurrenz der Großmärkte (wie z.B. Edeka, Rewe, Kaufland), die ihre eigene Fleischerei im Laden integriert haben?
Kurt Wohlfahrt: Wir sind ein Komplettanbieter. 97% meiner Ladenprodukte z.B. Wurstwaren produziere ich selbst. Ich arbeite transparent und verzichte weitestgehend auf Zusatzstoffe. Wir können nicht 100% darauf verzichten, aber bei mir wird man keinen Geschmacksverstärker oder sonst dergleichen in den Produkten finden. Da bin ich kein Freund von. Wir stehen dem Kunden mit Rat & Tat zur Seite. Wir erklären warum wir das machen, was wir machen z.B. warum wir einen Euro teurer sind als woanders. Wir sind etwas teurer bieten, aber auch einen Mehrwert an Qualität. Ich bin so selbstbewusst sagen zu können, dass wir als Handwerker besser sind als die Industrie. Leider ist es mittlerweile so, dass die Industrie wie z.B. Edeka, Kaufland, Rewe oder Discounter wie Aldi sich den Deckmantel des Handwerks geben wollen, was aus handwerklicher Sicht aber nicht machbar ist. Wer die Prozesse genau hinterfragt und nachforscht, wird feststellen, dass dort keine geübten Handwerker zugegen sind. Klar machen ein paar Edeka-Märkte ein paar frische Bratwürste selbst und schneiden ein paar Steaks selbst, aber das war es dann auch schon. Das ist nichts, was mit einer klassischen Fleischerei in dem Sinne zu tun hat, wie es bei uns der Fall ist. Ich lasse mich auch bei Wettbewerben prüfen, so dass auch von offizieller Stelle die Qualität bestätigt wird, was nicht verkehrt ist.
Bietest du noch mehr an, als nur Fleisch an der Theke?
Kurt Wohlfahrt: Ja. Wir haben Käse von einem Produzenten, der sich hier direkt vor der Haustür befindet und handwerklich geniale Produkte anbietet. Kintra-Käse ist ein absoluter Qualitätsbegriff. Dazu haben wir zusätzlich Käse namens Heumilchkäse. Produziert in Süddeutschland von einer Genossenschaft, bestehend aus 11-12 Landwirten, die ihre Milch zur Hauseigenen Käserei ausliefern. Die Tiere werden toll gehalten, wo alles kontrollierbar ist, was mit einer super Qualität resultiert. Einfach nur genial. Zu Preisen, wo den Tieren eine gute Haltung garantiert wird & die Bauern gleichermaßen von leben können. Solch eine Konstellation gibt es heutzutage [leider] in dem Stil nicht mehr all zu viel. In unserem Laden gibt es Salate, die wir bis auf eine Sorte komplett selbst produzieren. Desweiteren haben wir eine große Auswahl an Konserven und selbst produzierten Fertiggerichten. Wir machen die Saucen selber, in dem wir aus den Knochen eine Grundsauce anfertigen. Wir verwenden keine Instantprodukte wie z.B. Maggi Fix für Brühe. Das machen wir alles selbst und sind damit breit aufgestellt. Im Fertiggerichtebereich haben wir deutlich über 20 Sorten, dazu noch etliche Wurstsorten, verschiedene Leberwurstsorten wie z.B. mit Edelpilz und exotische Sachen wie Wildleberwurst mit Preiselbeeren. Natürlich haben wir zur Grillzeit auch Grillgemüse. Wie gesagt, sind wir breit aufgestellt.
Immer mehr Leute gucken genau hin, wo das Fleisch herkommt. Woher beziehst du deine Produkte? Arbeitest du mit regionalen Partnern zusammen?
Kurt Wohlfahrt: Das Schweinefleisch ist aus der Prignitz vom Landwirt Remmert (Prignitzer Landschwein GmbH), der ein sehr nachhaltiges Markenfleischprogramm aufgelegt hat. Er verwendet ausdrücklich nur sein eigenes Futter, was nicht genverändert ist. Er verwendet kein Soja oder ähnliches. Die Tiere haben eine äußerst fortschrittliche & artgerechte Tierhaltung. Die Tiere stehen nicht mehr auf sogenannte Spaltenböden. Sie haben strukturierte Freilaufställe und jeweils einen Schlaf-, Spiel-, Fress- und Kotbereich. Durch diese Strukturierung und gezielter Futtergabe mit strukturreichen Futter, sind sie nicht mehr in der Notwendigkeit, wie in der konventionellen Haltung, die Ringelschwänze zu kopieren und z.B. Zähne zu ziehen oder zu schleifen. Schweine haben leider die Angewohnheit, dass sie aus Langeweile ihren Kollegen anknabbern. Das passiert dadurch nicht mehr, was sehr, sehr toll ist. Ich kenne die Ställe persönlich und bin oft dort gewesen. Die Fahrtwege sind wie gehabt kurz. Die Schweine werden faktisch ein paar Kilometer vom Betrieb entfernt geschlachtet.
Im Nassbereich werden mit Hilfe eines innovativen Förderbandes die Fäkalien kontinuierlich aus den Bereich der Tiere heraus geschafft. Der Clou daran ist, dass flüssige und feste Bestandteile des Kotes getrennt werden. Dadurch hat man nicht mehr den beißenden Ammoniakgeruch im Schweinestall, wie man das eigentlich so kennt. Die Tiere sind wesentlich weniger anfällig für Atemwegserkrankungen. Antibiotika, wie es sonst flächendeckend aus dem Grunde verteilt wird, ist nicht mehr von Nöten. Ein krankes Tier wird natürlich zur Seite gestellt und medikamentös behandelt. Es hat dadurch eine Sperrfrist, bis es dann final in den Verkauf geht. Es ist aber nicht, wie in der konventionellen Schweinehaltung der Fall, dass der Bestand flächendeckend mit Antibiotika versorgt wird. Das gibt es dort nicht, was eine tolle Sache ist.
Weitreichender Artikel zu den Prignitzer Landschweinen und deren Haltung im NaturMagazin.
Mein Rindfleisch kommt zum großen Teil aus Schönhausen aus dem Schlachtbetrieb Blohm, der seine Tiere direkt aus der Umgebung bezieht. Desweiteren beziehe ich das Rindfleisch von Landwirten aus der nahen Umgebung, die z.B. bei Lutz Koch in Losenrade geschlachtet werden, der einen Biohof besitzt.
Geflügelfleisch in guter Qualität ist hier vor Ort komplizierter zu bekommen. Ich benötige gerade zur Grillzeit Hähnchenkeulen, -brüste und -flügel. Die beziehe ich von einem Hersteller aus Deutschland. Desweiteren habe ich ein Premiumprodukt aus Frankreich. Das sogenannte Loué-Hähnchen (Freilandhaltung) aus Frankreich ist ein absoluter Markenbegriff.
Zum Thema Salz. Heutzutage sind die meisten Salzsorten mit einer chemischen Rieselhilfe versehen, die nicht kennzeichnungspflichtig sind. Wir haben Pökelsalz (Steinsalz aus Bayern) und normales Kochsalz, was durch traditionelles Siedeverfahren gewonnen wird. Da wird salzhaltige Sohle nach oben gepumpt und ausgekocht. Beide Salze sind naturbelassen. Beim Nitrit-Pökelsalz ist selbstverständlich Nitrit zugesetzt, aber beide Salze sind chemisch unbelassen und deswegen reich an Mineralstoffen & Spurenelementen. Der Geschmack ist runder, harmonischer und für mich ehrlicher. Der Kern meiner Naturgewürze habe ich von einem kleinen Gewürzkontor aus Braunschweig (Temperos Gewürze). Die sind wesentlich teurer als in der Industrie, aber auch viel aromatischer & geschmacksintensiver. Der Jörg-Günther hat eine vertrauensvolle Maßnahme gemacht. Er schickte den Pfeffer zurück, weil die Qualität einmal nicht stimmte und schickte mir daraufhin Pfeffer zu, der seine und meine Erwartungen erfüllte.
Tussibratwürste, Tequila-Spieße, Hansegriller - Die Neugierde ist in mir geweckt, aber wie sieht es bei deiner Kundschaft aus? Wird dennoch auf altbewährtes zurückgegriffen oder gehen die neuen Sachen weg wie warme Semmeln?
Kurt Wohlfahrt: Meine Kunden gehen das natürlich auch mit. Die probieren alles, neues aus und sagen mir dann auch ihre Meinung dazu. Find ich toll! Zu den Tussi-Bratwürsten, die sind nicht auf meinem Mist gewachsen. Ich bin in einem Verein, der nennt sich “Fleischerhandwerk - Wir sind anders” und den haben ein Sack voll Mädels gegründet. Die Mädels haben damals diese Tussi-Bratwurst entwickelt und hier liegt auch der Ursprung. Die sind natürlich optisch ein Highlight [Anmerkung des Autors: Natürlich die Bratwürste] und schmecken auch besonders gut. Die Hansegriller sind in Seehausen nicht mehr wegzudenken. Die sind mittlerweile zum Standard-Produkt geworden. Die Kunde lieben die einfach. Die Bratwurst ist bei mir die meistverkaufteste mit Abstand. Die Leute sind wirklich sehr offen dem gegenüber und ich habe tolles Personal, was auch neue Produkte empfiehlt und diese dem Kunden schmackhaft macht. Und das klappt super.
Werden kleine Fleischereien noch Zukunft haben? Wo siehst du deinen Fleischereibetrieb in 20 Jahren?
Kurt Wohlfahrt: Die Fleischereibetriebe wird es, um Gottes Willen, in 20 und noch in 200 Jahren geben, das hoffe ich ganz stark. Wir sind individuell und nicht die Masse, die nur das Gleiche produziert. Und das Schlimmste ist, wenn man mit verbundenen Augen keinen Unterschied mehr zwischen Bierschinken, Jagdwurst & Mortadella erschmecken kann, weil sich die Produkte von der Verarbeitung so sehr ähneln. Das wäre fatal, das wollen wir so auch nicht und dafür kämpfen wir auch. In den letzten Jahren gab es bei den Handelsbetrieben eine sehr starke Auslese. Viele davon sind aufgrund der finanziellen Situation oder von Nachwuchsmangel sozusagen weggestorben und ich denke, die Guten sind noch geblieben. Mit jedem Betrieb der verschwindet, gehen Rezepturen und regionale Verbundenheit verloren. Das wäre mehr als traurig und das wünsche ich keinem/keiner Kollegen/Kollegin. Deswegen sage ich, ja, wir haben Zukunft, wenn wir uns zukunftsorientiert aufstellen und insbesondere auf kommende Trends & Kundenbedürfnisse rücksicht nehmen. Wir dürfen nicht sagen, das wir machen ist hundertprozentig klasse, sondern sollten auf die Wünsche der Kunden eingehen. Wenn ein Kunde mit einer Ideen kommt, dann werde ich mich seiner Idee auch annehmen und diese versuchen umzusetzen. In unserem Partyservice sieht es nicht anders aus. Jeder kann sich individuell einbringen und wir versuchen so gut wie möglich das Ganze umzusetzen. Wo ich mich weiger, ist es in einer Fleischerei vegane Produkte anzubieten, weil ich einfach nicht glaubwürdig genug bin. Es machen Kollegen/innen, aber es ist nicht meins, weil ich dann nicht ich wäre. Es wäre einfach nicht authentisch. Ich könnte eine Kreuzkontamination niemals ausschließen und darum lass ich das lieber.
Es kommen Kunden mit Lebensmittelallergien, die ich beraten kann. Ich bin zwar kein Ernährungsberater, aber den einen oder anderen Hinweis kann ich dennoch geben. Mein Sohn hat selbst eine Lebensmittelallergie.
Welche Preise konntest du für welche Produkte in den letzten Jahren gewinnen? Welcher war für dich der Wichtigste und wofür hast du ihn bekommen? Greifen deine Kunden öfter zu bei preisgekrönten Produkten?
Kurt Wohlfahrt: Wie viele das waren kann ich dir gar nicht genau sagen, wenn man die ganzen Medaillen mitzählt, die wir bekommen haben. Die Qualitäts-Wettbewerbe selbst finden in Holland, Belgien, Frankreich und Deutschland statt. Das sind jährliche Wettbewerbe im Rahmen von Messen und werden von absoluten Fach-Jurys durchgeführt. Die wichtigsten Preise sind natürlich die Ersten, wie damals auf der IFA (findet alle 3 Jahre statt), der größten Fleischmesse weltweit. Ich bin dort ohne große Erwartungen hingefahren und wäre überhaupt mit irgendeinen Preis glücklich gewesen. Ich habe dann meine Leberwurst und meine Hausmacher Mettwurst hingeschickt. Wiedergekommen bin ich mit Gold & Silber. Davon war ich natürlich schwer begeistert und die Motivation war da, noch mehr zu erlangen. Die größte Überraschung aber war der große Pokal für meine Hansegriller in Frankreich auf der Confrerie de Dutch de Alonso. Das ist eine Feinschmeckervereinigung in der Normandie. Alonso ist ungefähr so groß wie Salzwedel, die seit vielen Jahren Brat- und Weißwürste prämieren. Mit den Hansegriller hatte ich damals den deutschen Meistertitel gewonnen und konnte somit an diesem internationalen Wettbewerb teilnehmen. Ich war auch Kategoriesieger mit meinen Edelpilz-Bratwürsten. Das waren die herausragendsten Sachen, die mir passiert sind. Dann noch Pokale aus Belgien für meine Blutwurst. In Holland haben wir einen für unsere Fertiggerichte bekommen. Da will ich ganz besonders meine Köchinnen hervorheben, die die Fertiggerichte kochen. Pro Produkt konnte man maximal 50 Punkte bekommen und von den zehn eingeschickten Produkten haben acht davon 50 Punkte, und zwei davon 49 Punkte. Nur um mal zu verdeutlichen, was die Damen da für hammermäßige Sachen kochen. Dann noch Leberkäse & Würstchen. Es ist eine Bestätigung der Arbeit für meine Damen und auch für mich, was man tolles leisten kann. Es ist schön für die Kunden zu sehen, dass es fernab der Großstädte und des Online-Marktes noch ortsansässige Produzenten und Handwerker gibt, die ihre Arbeit verstehen und ihr mit Leidenschaft nachgehen, um tolle Produkte zu kreieren.
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